Eine Nacht Grahamstown.

Am Samstag holte mich meine Freundin Phumza zu Hause ab, um mich mit zu ihrer Familie nach Grahamstown zu nehmen. Im Gepaeck hatten wir 2 Umzugskartons Kleidung, die ich schweren Herzens am Freitag aussortiert hatte. Von Stina noch einen schwarzen Beutel voller Schuhe und Co.

Ein Karton kam in den Kofferraum, unsere Taschen dazu. Auf der Ruecksitzbank nahmen 3 kleine Kinderlein plus 1 Umzugskarton Platz.
Eine Stunde Fahrt war sehr anstrengend und machte muede.


Phumzas Familie wohnt im Township in Grahamstown. Die Bevoelkerung in Grahamstown ist fast ausschliesslich schwarz und zudem sehr arm.
Einmal im Jahr, wenn das ARTS FESTIVAL ist, blueht die Stadt auf.
Wir hatten uns also ein gutes Wochenende ausgesucht.


Angekommen im Township wurde ich herzlich von der Familie begruesst.
Phumza warnte mich bereits vor einem ihrer Cousins, der dauerhaft betrunken ist.
Er begruesste mich und fragte mich, ob ich den wissen wolle, was sein Hobby sei?
"Yes!" "I like drinking with my friend! Do you want to see my favourite alcohol?"


Er bettelte Phumza und mich das komplette Wochenende um 20R an, damit er sich neuen Alkohol kaufen koenne. Wir gaben ihm nichts und er versuchte es mit allen Tricks...


In dem Haus wohnten ca 8 Kinder und noch einige Erwachsene. Wie viele genau, weiss ich nicht, da einige untergwegs bei einer Beerdigung waren.

Wenig spaeter fuhren wir in die City zum ARTS FESTIVAL und schlenderten neugierig durch die Marktstaende. Etwas irritiert sagte Phumza zu mir: "JILL, da faehrt dein Auto?"
"Was? Wo? Ohhh!" Ich hatte Jio fuer den Samstag mein Auto gliehen, da seins ja geklaut wurde. Und ohne mir Bescheid zu sagen fuhr er mit Freunden ebenfalls nach Grahamstown.
"Oh, ich dachte schon, jemand hat es geklaut!", sagten Sie und Thando, ihr Cousin, zu mir. :)

Als wir vom hin und her laufen etwas muede wurden, kam uns das afrikanische Auto gerad richtig: Fuer 6 Rand pro Person hat uns das Esel-Auto an unseren Zielort kutschiert. Zwischendurch haben wir fast ein parkendes Auto gerammt und auch waren die Abgase nicht ohne ;D. Die letzten Meter fegten die Esel ueberden Markt und rammten dabei noch fast einen Stand um, da der Eselkutschenfuehrer seine Tiere nicht so ganz im Griff hatte. Zwischendurch hatte ich ein bisschen Angst, ich wuerde jeden Moment runterfallen. Ging aber alles gut. Ueberlebt :D

Zwischendurch besuchten wir Thandos Mutter, die im Nandos arbeitet. Das Nandos ist eine Fastfoodkette.

Am Abend schauten wir uns noch eine 2 stuendige Gospel Show fuer 30R pro Person in der Kirche an. Bei einigen Saengerinnen kann DSDS einpacken. Die Stimmen hatten Gaensehautcharakter und keinen hat es mehr auf den Sitzbaenken gehalten. Alle Zuschauer tanzten und sangen mit.

Anschliessend sind wir zurueck ins Township gefahren, wo wir die komplette Familie vor dem TV vorfanden.

Zwischenzeitlich machte uns Phumzas Tante das Abendessen warm. Es gab Tripe mit Dumplings. Zu Deutsch: Eingeweide mit Hefekloss.

Ich probiers, ich probiers, ok…ich probiers…. Uaaaaah. Zuerst alles ganz winzig geschnitten, damit man nicht mehr kauen muss. Dann Augen zu und Mund auf. Runterschlucken.

Es war….wie soll ich sagen. Eine Erfahrung. Ich konnt es einfach nicht essen, bis auf die Leberstueckchen, die waren lecker. Also hab ich Brot gegessen und ein bisschen Leber. Mir war zum Glueck niemand boese und ich habe die Reste meines Abendessens an Phumzas Cousin Thando gegeben, der das Tripe offensichtlich sehr koestlich fand.

Nach dem Essen habe ich die Kinder mit dem ONE AND ONLY SAUFKollegen Kinderliebling LOOPING LOUI bekannt gemacht.

So spielten 6 schwarze Kinderlein und ich mit Looping Loui, waehrend 2 Cousinchen von Phumza fasziniert an meinen Haaren fummelten “Ohhhh Jill it is sooo sooooft!”

Eine Weile spaeter verloren die Kids das Interesse an dem Spiel und wieder fanden wir uns alle vorm Tv zusammen. Gesellschaft bekamen wir von einer Maus, die ueber die Gardinenstange huschte.

Nun war Ostern und Weihnachten zusammen. Stinas und meine Klamotten wurden in die Mitte gestellt und es wurde angefangen auszupacken!

Mit strahlenden gesichtern rissen sich die Tanten und Cousinen um meine Klamotten und immer wieder viel mir zwischendurch auf, wie schoen die Sachen, die ich aussortiert habe, doch wirklich noch waren.

Einige der T Shirts gehoerten einst zu meinen Lieblingsklamotten! Das war, als ich 18 war. Also 6 Jahre her. (WAS? SO LANG LAG DAS SCHON IN MEINEM SCHRANK? Gruss an alle Maedchen da draussen ;) ) Thando schnappte sich meine Socken und meine Regenjacke (immer noch schoen, hab ich bessesen, seit ich 15 war. ?? WAS ??)

Es war allerhoechste Eisenbahn, dass diese Kleidung einen neuen Besitzer bekam!

Einige Klamotten wurden direkt anprobiert und Stolz vorgefuehrt! J

Als ich das gesehen habe, ist es mir im Nachhinein gar nicht schwer gefallen, meinen Schrank auszumisten und ich ueberlege, bevor der Container abfaehrt, noch einmal alles durchzuwuehlen und ohen Verluste das ein oder andere chicke jedoch alte Teil auszusondern.

Anschliessend gingen Phumza und ich schlafen. Wir teilten uns ein Bett.

Am naechsten Morgen waren die Kids schon frueh wach. Die meisten von Ihnen haben im Wohnzimmer auf 2 Matratzen geschlafen. Thando dazwischen, dementsprechend hatte er auch schlecht geschlafen.

Warmes Wasser gab es nicht aus dem fliessenden Hahn, weswegen wir es erst einmal in der Kueche kochen mussten. Dann wurde es in eine Waschschuessel gekippt und ins Bad geschleppt. So schlimm fand ich das in dem Moment gar nicht. Man gewoehnt sich an alles. Abe rob ich das auf Dauer durchhalten koennte?

Man sieht, ich bin den Warm Wasser Luxus gewoehnt.

Zum Fruehstueck gab es warme Wheatbix ( das is quasi ein riesen Weizencornflakes) in warmer Milch aufgelost…also quasi Haferbrei. Das war lecker, esse ich sonst zu Haus naemlich auch.

Nach dem Fruehstueck fuhren wir noch schnell zu Phumzas Tante die Kleidung wegbringen. Im Anschluss sind wir Einkaufen gefahren und haben ein paar Grundnahrungsmittel und Kosmetika, Klopapier etc. eingekauft. P. unterstuetzt ihre Familie selbstverstaendlich - da wird gar nicht erst gefragt. Der Grossteil der Familienangehoerigen in Grahamstown hat leider keine Arbeit, und die, die arbeiten, verdienen einen Hungerlohn, von dem man am Ende des Monats manchmal nicht einmal ein Brot backen kann.  Fuer uns unvorstellbar. So verdient die tante im Nandos fuer einen Vollzeitjob gerad einmal 2000Rand pro Monat! 200 Euro! Da kommt unsereiner nicht einmal ne Woche mit hin? Als Student vielleicht (ich kann mich schonmal an den Gedanken gewoehnen)…

Phumzas Tante macht unter anderem auch eigenes Ginger Beer aus Ingwer, Zucker, Wasser und Hefe. Schmeckt wie Ginger Ale und war super lecker.

Bevor wir gegen 13 Uhr Richtung P.E aufgebrochen sind, gab es einen kleinen Mittagssnack fuer alle. Selbstgebackenes Brot mit Butter und Aprikosenmarmelade.

Die Sonne strahlte und ich gesellte mich zu den Kindern (und dem Huhn J), die vor dem Haus mit Murmeln spielten! Richtig Profis waren die Kleinen dabei und ich war erstaunt, was fuer Tricks die Kids mit den Kugeln drauf hatten.

Wann hat in Deutschland ein Kind das letzte Mal mit Murmeln gespielt? Ich glaube in Deutschland weiss kein Kind mehr, was das ueberhaupt ist. Aber…vielleicht gibt es ja mittlerweile eine Murmel App fuers I Phone!?  Ganz sicher!!!!

Mein Wochenende war wirklich ein spannendes Erlebnis und ich bin richtig happy darueber, dass mich die Familie zu sich eingeladen hat.