Wenn der Elefant dein neuer Nachbar ist!

Freitag, 15. Juni 2012

P.E ist an einigen Stellen ein heisses Pflaster, doch man muss sich nicht unbedingt die Fuesse verbrennen, wenn man das richtige Schuhwerk traegt.

“Geht hier lieber nicht hin, meidet bitte folgende Strassen”, sind die Worte die wir hier staendig zu hoeren bekommen. Und auch in der Zeitung wurde P.E als ein der gefaehrlichsten Staedte von Suedafrika betitelt. Polizeisirenen hoert man haeufig-ob Tag oder Nacht!
Vor einiger Zeit enstand unter uns Deutschen einmal die Diskussion: Wieso gibt es hier ueberhaupt diese Viertel, die so gefaehrlich und gemieden sind? Viertel, in denen sich hauptsaechlich die Schwarzen aufhalten.

Wir haben uns einfach mal mit einigen Fakten kritisch auseinander gesetzt...

Wir leben in einer Art goldenen Kaefig direkt am Meer, wenn man es einfach mal drastisch darstellt.
Zuaetzlich noch einmal Gitter vor den Fenstern und Alarmsysteme mit Panik Button.

Da stellten wir uns die Frage: Zeigen wir den Menschen im Township genau damit, dass wir uns selbst von ihnen abschotten, wir uns vielleicht sogar fuer etwas besseres halten. Zeigen wir ihnen damit, wir haben etwas wegzusperren, bei uns ist etwas zu holen, und provozieren damit wohlmoeglich sogar die Einbrueche und Ueberfaelle?

Wenn man bedenkt, dass die Menschen hier gerad einmal um die 1000 Euro (Supervisor/Meister) und weniger verdienen wobei Lebensmittel genauso teuer bis noch teurer als in Deutschland sind, stehen Verdienst und Lebenserhaltungskosten in keinerlei Verhaeltnis zueinander.

Die Schwarze Bevoelkerung verdient noch weniger. Unsere Putzfrau bekommt pro Tag 50R.
5 Euro fuer einen kompletten Tag Arbeit! Und auch mein Kumepl Jio hat als Student in einem Kleidungsgeschaeft pro Stunde 15 Rand bekommen!

Und nun kommen wir “reichen” Deutschen hier her, gehen jede Woche ins Kino, Cocktails trinken, Feiern! Klar, fuer uns ist das Leben hier ein die meiste Zeit ueber ein Schlaraffenland! Ich erinnere mich an keinen Tag, an dem man in Deutschland fuer 2 Euro ins Kino gehen, fuer 6 Euro ein 300g Rumpsteak oder 1 kg Prawns fuer 12 Euro oder auch nur fuer 3 Euro einen Cocktail kaufen konnte. Manche Menschen hier koennen sich hingegen kaum eine Tuete Reis im Supermarkt leisten.
Und dann wundern wir uns, dass die Gefahr besteht, dass wir ueberfallen werden? Wenn wir auf offener Strasse mit unseren Spiegelreflexkameras um den Hals, neuen Converse Sneakern herumlaufen. Einem wird immer vermittelt, Angst haben zu muessen, wenn man zu gewisser Uhrzeit am Abend vor die Tuer geht, vor allem in die sonst so gemiedenen Gebiete.
Dies scheint gar nicht so unbegruendet.

Allgemein wird von Einigen noch immer eine Distanz zu einem Grossteil der Schwarzen Bevoelkerung bewahrt. Wenn wir ins Central zum Essen gehen, treffen wir nur wenige Weisse an. Wieso? Weil die Leute offensichtlich Angst haben bzw sich einfach unwohl fuehelen und die Schwarzen bzw vielmehr gewisse Gegenden folglich komplett meiden. Ich hatte bisher noch nicht einen Moment, in dem ich mich unsicher gefuehlt habe, auch nicht in Gegenwart der Schwarzen. Ich denke, es hat viel damit zu tun, wie man Ihnen gegenueber tritt. Wuerden sich mehr Weisse in die “Farbigen” Gebiete trauen, waeren die Gegenden nicht so verlassen und auch sicherer??? Man stellt sich hier Fragen ueber Fragen.

Als ich neulich an den Townships entlang zur Arbeit gefahren bin, ueberholte mich ein Audi R8. Dieser Moment war schon ziemlich absurd, gar paradox. Auf der einen Seite sind wir einem einem Schwellenland, die Menschen leben zu 100ten in Wellblechhuetten oder eine ganze Familie in 30quadratmeter Steinhaeusern und direkt nebenan findet man eine Wohnsiedlung, umzaeunt mit 2 Meter hohem Stacheldraht, Kameras und Alarmsystemen… ich bin mir sicher, dass dies fuer viele Orte dieser Welt gilt!

Mittlerweile war ich schon das Ein oder Andere Mal im Central und habe mich keineswegs bedroht gefuehlt. Interessant ist, dass ich von den Leuten vor Ort immer wieder darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es hier sehr gefaehrlich sei. Liegt das einfach nur daran, dass man sich als Weisser in einem "schwarzen" Gebiet aufhaelt?

Unsere Diskussion ging noch ellenlang weiter, aber dann wuerde ich 10 Seiten fuellen... ;)

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Was ich mit diesem Text verdeutlichen will ist, dass die Schere zwischen Arm und Reich hier in Suedafrika wirklich sehr hoch ist. Mir faellt es noch immer schwer, an den bettelnden Kindern und Erwachsenen vorbeizugehen. Man soll ihnen nichts geben...

Auf der einen Seite haben wir mit der Zeit angefangen uns 'freier' zu bewegen, da man mit der Umgebung immer mehr vertraut wird, halten gewissen Regeln aber trotzdem noch immer gewissenhaft ein.

1.   Wenn es draussen dunkel ist, geht man nicht mehr zu Fuss! (Schade, da ich gern nach der Arbeit mal joggen gehen wuerde. Nun wirds aber schon um halb 6 dunkel, also bleibt mir nur das Laufband...)

2.  Tueren und Fenster abschliessen, wenn man geht.

3.   Moeglichst nicht allein rumrennen

4.   IMMER Alibi Geld in der Tasche haben usw...

5.   Keine Gegenstaende offensichtlich im Auto liegen lassen.

Hin und wieder muessen wir uns gegenseitig an gewisse Verhaltensregeln erinnern, da man nach geraumer Zeit doch dazu neigt, etwas naiver zu werden.

Mir selbst ist hier bisher noch nichts passiert, leider haeufen sich in der letzten Zeit die Vorfaelle in unserer Nachbarschaft bzw. in unserem Freundeskreis (alles passiert, seitdem wir hier angekommen sind):

Erinnert ihr Euch noch an das hier?
Oder das hier?

1.       Einbruch bei 2 Freundinnen, waehrend beide geschlafen haben, Zimmer leegeraeumt
2.       Einbruch bei Kollegen. 2 Mal Alarmanlage ueberlistet
3.       Ueberfall von Jessy’s Kollegen an der Ampel, Autoscheiben eingeschlagen, Sachen  herausgeklaut
4.       Ueberfall einer unserer Praktikanten mit Pfefferspray in Kapstadt, nachdem er Geld geholt hatte
5.       Angriff auf eine Wanderin, als sie die Strasse vom Bankautomaten zum Club ueberquerte
6.       Einbruch gegenueber der Wohnung einer Praktikantin, be idem 2 Menschen getoetet wurden
7.       Einbruch bei Freunden im Wohnkomplex
8.       Auto meines Kumpels Jio vor der Haustuer gestohlen


Jetzt, wo ich mir das alles mal so aufzaehle, wird mir doch wieder ins Bewusstsein gerufen, dass wir hier halt nicht in Europa sind und jeden Tag mit offenen Augen durch die Gegend gehen muessen!

Machen wir auch J

Wie gesagt. Ich habe mich bisher noch keinmal bedroht oder unsicher gefuehlt bewege mich weitestgehend frei und traue mich auch ins Central…

Wenn man sich anpasst, nicht unbedingt rumprotzt, und bildlich gesehen seine teure Uhr und die teuren Sneaker einfach mal zu Haus laesst, kann man sich durchaus auch in Kleingruppen im Central bewegen. Vorsicht ist immer geboten, unsere auffaellige Hautfarbe koennen wir nunmal nicht aendern…

P.E ist an einigen Stellen ein heisses Pflaster, doch man muss sich nicht unbedingt die Fuesse verbrennen, wenn man das richtige Schuhwerk traegt.
Alle Regeln beachten wir jeden Tag aufs Neue. Wir wollen unser Schicksal nunmal nicht herausfordern!
(Ich bin zuversichtlich, dass mein Pfefferspray in der Tasche auch weiterhin ungenutzt bleiben wird.)

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